Protokoll von Altor Jay über die Geschichte der deutschsprachigen Übersetzung von KARNEVAL
“1986
beginne ich mit Übersetzungen von Teilen des Romans ins Deutsche, zu Präsentationszwecken für Verleger. Sie schrecken alle vor der Dimension des Projektes zurück und die Probeübersetzungen reichen nicht aus, um über das Ganze ein Bild zu vermitteln
1987 schreibt die Witwe des Autors, Katalin Kemény an George Soros und bittet ihn um Unterstützung der deutschen
Übersetzung von Karneval, die in Hamburg inzwischen vom Kellner Verlag (in Zusammenarbeit mit dem Vertreter der Rechteinhaberin, Antal Dul, in Budapest und mir ) forciert wird. Weil die Soros Foundation
grundsätzlich keine Projekte im Westen fördert, wurde unser Antrag aus New York nach London weiterempfohlen
1988 vergab uns Lord Dahrendorfs Stiftung in England, das "Central & East European Publishing Committee" eine
freundliche Unterstützung, die ausreichte um etwa ein Zehntel des Romans in eine akzeptable Übersetzung vorlegen zu können.Wir bekamen sehr positive Reaktionen. Im Saarländischen Rundfunk stellte
Arnfried Astel in einer ausführlichen Sendung den Roman vor, im alternativen, für die Buchmesse 88 eingerichteten Sender von Van Gogh TV wurde Abend für Abend Karneval vorgelesen, die
Neue Zürcher Zeitung widmete Hamvas eine halbe Seite...
1989 gab es trotzdem immer noch keinen Verleger, der diesen Unternehmerischen-Wahnsinn wagen wollte. So verbündeten wir uns mit Michael
Kellner, dessen Kellner Verlag die allerbeste Renomee unter den Hamburgern Off-Verlagen besaß, natürlich ohne Kapital, aber mit großer Fantasie.
1989 bekam Kellner Verlag von "Deutscher Literaturfonds"
die Unterstützung aus Darmstadt um die Rechte zu erwerben. Ich vermittelte zwischen der Witwe des Autors und Kellner den Vertrag über die Herausgabe von Karneval innerhalb von 36 Monaten, also bis
Herbst 1993.
Im August -die DDR verbreitete schon Leichengeruch- fuhr ich mit Kellner nach Ostberlin, wo wir mit dem "Aufbau-Verlag Berlin und
Weimar" einen Kooperationsvertrag abgeschlossen haben. Aufbau besorgt die Übersetzung innerhalb von 2 Jahren und bekommt dafür die DDR Rechte.
Michael Kellner ging auf die Suche nach einem kapitalkräftigen Partner.
Dann kam Deutschland dazwischen und warf den Zeitplan über die Mauer.
1993 konnte erst die Hälfte des Romans vorgelegt werden.
Kellner Verlag bekam von der europäischen Gemeinschaft Unterstützung, denn das ursprüngliche Honorar
für die Übersetzung wurde irreal wie auch die Welt selbst. Der Verlag bekam auch eine feste Zusage von der EG über Fördermittel, die allerdings erst nach dem Erscheinen von Karneval ausgezahlt werden.
Eine Verlängerung der Frist wurde mit der Rechteinhaberin verabredet, aber inzwischen sind alle Verträge ausgelaufen.
1995 erscheint Hamvas zum ersten Mal auf Deutsch, als Raubdruck in einer wunderbar bibliophilen Ausgabe: "Philosophie des Weins". Zwei
Jahre dauert es, bis die Rechteinhaberin sich durchsetzt und der Verlag die restlichen 600 Exemplare von einer 3tausender Auflage abgeben muß.
1997 Im März wird Bela Hamvas zum meistgelesenen Autor in Ungarn
2000 Nach über zehn Jahren entstand schliesslich eine erste Rohfassung in Deutsch, doch sie genügte nicht den hohen sprachlichen und
gedanklichen Anforderungen, die das 1500 Seiten schwere Opus stellt. Hamvas’ Witwe, die inzwischen 94-jährige Schriftstellerin Kathalin Kemény, untersagte die Drucklegung dieser Fassung.
Seitdem lag das Projekt brach.”
2002 Jetzt haben wir, der Filmregisseur und Autor Gabor Altorjay, seit 20 Jahren bekennender
“Karnevalist“, der mit dem Meister noch heitere Stunden am Weinberg erleben durfte, und der Musiker und Theaterautor Carsten Dane, uns dieses Vermächtnisses angenommen. Die von uns
angefertigten Neuübersetzungen fanden in den ungarischen Intellektuellen- kreisen um Frau Hamvas grossen Widerhall und wir erhielten von ihr die Rechte zur Übersetzung des Romans.
Wie die Geschichte der Übersetzung weitergeht, liegt nun in Ihrer Hand!
|